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6. October 2013

Vor kurzem hatte ich herausgefunden, daß der deutsche Verlag Markt & Technik, hauptsächlich bekannt für seine große Auswahl an Computer-Literatur, von der Muttergesellschaft Pearson Ende dieses Jahres geschlossen wird. Ich muß zwar zugeben, daß ich seit langer Zeit keine Markt & Technik-Bücher mehr gekauft hatte, aber es ist trotzdem traurig, daß so ein bekannter Name plötzlich verschwindet. Der Verlag war einer der größten Einflüsse in meiner frühen Computer-Zeit in den späten 1980ern und frühen 1990ern, als deren Bücher und Magazine noch die besten auf dem Markt waren.

Dies ist die deutsche Übersetzung des gestrigen, zuerst auf englisch veröffentlichten Artikels – da es sich um einen hiesigen Verlag dreht, ist eine deutsche Version eigentlich sinnvoller. Beide Artikel sind inhaltlich identisch.

Alle, die jemals einen Commodore 64 in Deutschland besessen haben, hatten entweder die 64’er oder Happy Computer gekauft, zwei Monats-Magazine von Markt & Technik. Diese konzentrierten sich nicht nur auf Spiele, sondern besonders auf Hardware und Software und mehreren monatlichen Programm-Listings von ihren Lesern, die anfangs noch selbst eingetippt werden mußten. Die Themen reichten von aktuellen Neuigkeiten in der Computer-Industrie, ausführlichen Software- und Hardware-Tests bis zu Programmier-Beispielen und noch viel mehr. Die 64’er und Happy Computer (die eigentlich zuerst kam und sich auch um andere 8-Bit-Computer drehte) gab es auch als sogenannte Sonderhefte – dicke Spezial-Ausgaben über ein einzelnes Thema mit mehr Listings, die später fast immer auch direkt mit Disketten verkauft wurden, damit man keine Programme mehr eintippen mußte. Diese Magazine waren damals praktisch das Äquivalent des heutigen Internets als eine riesige Infirmationsquelle – Mailboxen waren damals noch nicht wirklich weit verbreitet und elektronische Datenübertragung war sehr aufwendig und teuer.

Markt & Technik war aber auch ein vielbeschäftigter Buchverlag und hatte sogar ein völlig neues Konzept namens Bookware erfunden. Für einen relativ günstigen Preis von 40-60 Mark bekam man ein dickes Buch mit mehreren hundert Seiten und eine oder sogar mehrere Disketten mit der entsprechenden Software dazu – entweder eine Sammlung von Tips & Tricks, Kurse über Programmierung oder software wie die Textverarbeitung MasterText, die Datenbank MasterBase, Grafikprogramme wie GigaPaint und GigaCAD und noch viel mehr. Es gab auch Spielesammlungen und einiges anderes – diese Bücher waren alle sehr gut geschrieben und brachten dem Leser nicht nur die einfachen Grundlagen des Computers bei. Damals kannte man seinen Rechner in- und auswendig, auch wenn man nicht immer mit dem Lötkolben herumgebastelt hat. Markt & Technik hatte auch viele Bücher über den Commodore Amiga im Programm, aber die wirklich interessanten Sachen drehten sich in den späten achtziger Jahren fast alle um den C64 und C128.

Markt & Technik war auch der Verlag, der für die Einführung von GEOS, dem Graphic Environment Operating System, in Deutschland verantwortlich war. Genau – eine komplette grafische Benutzeroberfläche auf einem Commodore 64 – für 90 Mark bekam man das Betriebssystem mit dem DeskTop Programm-Manager, der GeoWrite WYSIWYG-Textverarbeitung mit Rechschreibprüfung und Serienbrief-Funktion, dem Grafikprogramm GeoPaint und einigen Utilities wie einem Notizblock, einer Uhr und einem Taschenrechner. Seperat gab es außerdem die Tabellenkalkulation GeoCalc, die Datenbank GeoFile und sogar das grafische Layout-Programm GeoPublish zu kaufen. Die Möglichkeiten waren endlos und vor allem lernte ich damit, eine grafische Benutzeroberfläche mit einer Maus zu bedienen – angefangen hatte dies alles im November 1989! Als Windows noch in den Kinderschuhen steckte, hatte der Commodore 64 ein voll funktionstüchtiges grafisches Betriebssystem, das mit nur 64 Kilobyte RAM und 170 Kilobyte Floppy-Disks erstaunlich flott lief.

Nach der C64-Ära hatten nicht mehr ganz so viele Bücher von Markt & Technik den Weg in mein Bücherregal gefunden. Eins davon war ein dicker Wälzer über Turbo Pascal, der mir den Wechsel von Basic zu Pascal sehr erleichtert hatte. Andere waren eine handvoll von Amiga-Büchern und eine berühmte Reihe von Schnellübersichten für PC-Software, die besonders am Anfang besonders hilfreich waren. Die letzten zwei Bücher über C++ und Delphi, die ich Anfang der 2000er gekauft hatte, waren leider zusammenhanglose, unlesbare Durcheinander. Diese stammten aus einer Reihe namens Jetzt Lerne Ich…, die offenbar eine Konkurrenz zu den populären Für Dummies-Büchern sein sollten, aber damit völlig fehlschlugen, weil sie mit den Grundlagen anfingen, aber dann plötzlich in Hardcore-Programmierung übergingen, was für Anfänger nicht besonders hilfreich war.

Bei gelegentlichen Blicken in den Buchkatalog des Verlags hatte ich das Gefühl, daß Markt & Technik in den letzten Jahren nur noch am Fließband möglichst viele Bücher für Anfänger für praktisch jedes Betriebssystem, Programm und Gerät veröffentlicht hatte – sogar jetzt noch gibt es nicht weniger als sechs verschiedene Bücher über Windows 8 und noch einige mehr über Windows 7 im Programm. Diese künstlich erzeugte Vielfalt dürfte einer der Gründe für den Niedergang sein – es scheint einfach nur noch um den Verkauf von möglichst vielen Büchern über so ziemlich alles von Windows über iPhones bis zu Digitalkameras gehen. Es würde mich nicht wundern, wenn ich ein Buch über die Benutzung und Wartung von Kaffeemaschinen im Sortiment fände.

Seit der Verlag 1999 von der Pearson-Gruppe aufgekauft worden war, hatte das ursprüngliche Markt & Technik schon längst aufgehört zu existieren. Die Zeitschriften-Gruppe war schon Mitte der neunziger Jahre in eine separate Firma ausgegliedert worden und was heute noch übrig ist, um Ende des Jahres von Pearson dichtgemacht zu werden, ist nur noch ein Schatten von dem, was einmal einer der besten Computer-Buchverlage in Deutschland war. Es ist auch nicht nur Markt & Technik, das ausgelöscht wird – der deutsche Zweig von Addison-Wesley wird von Pearson auch dichtgemacht. Beides hinterläßt eine riesige Lücke in der Computer-Literaturecke in Deutschland – aber ich bin sicher, dass andere Verlage schnell einspringen werden. Data Becker gibt es immer noch, der deutsche Ableger von O’Reilly ist auch sehr erfolgreich und mit Galileo Press ist die nächste Generation der Verleger auch schon am Start.

[Update 9.10.: Heute kam die Meldung, daß auch Data Becker im nächsten Frühjahr die Segel streicht.]

Letztendlich ist es aber dennoch schade, einen Namen wie Markt & Technik genauso wie Commodore verschwinden zu sehen, aber das ist halt die freie Marktwirtschaft.

Kategorie: Books, Computer
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